Darf es weniger Arbeitsstunden sein

Der Geschäftsführer der Digital-Agentur Rheingans Digital Enabler in Bielefeld hat etwas getan, von dem viele Angestellte träumen: Er hat die Tagesarbeitszeit seiner Mitarbeiter von acht auf fünf Stunden reduziert. Bei gleicher Bezahlung und gleichbleibendem Urlaubsanspruch. Und ohne dabei weniger zu arbeiten, sagte er in einem Interview, sondern effizienter und effektiver. In einem normalen Büroalltag werde nämlich viel zu viel Zeit vertrödelt.

Störfaktoren eleminieren

Der Jungunternehmer spürte Störfaktoren und Verbesserungspotentiale auf, um das tägliche Arbeitspensum auch in fünf Stunden erledigen zu können. Rheingans kürzte beispielsweise alle Meetings radikal auf zehn bis 15 Minuten. Handys am Arbeitsplatz kamen weg, weil auch die kleinste Whatsapp einen so aus der Konzentration reißt, dass man anschließend fünf bis 15 Minuten braucht, um wieder in der Aufgabe drin zu sein.

Nicht nur Start-ups und Agenturen experimentieren mit flexiblen Arbeitszeiten. Und treffen damit den Nerv der Zeit. Sogar Deutschlands größte Gewerkschaft IG Metall setzte durch, dass Arbeiter für zwei Jahre ihre wöchentliche Arbeitszeit von 35 auf 28 verkürzen dürfen.

Mehr Zeit für Familie und Freunde

Der Wunsch, weniger auf Bildschirme zu starren, hinter Kassen zu sitzen oder am Fließband zu stehen und stattdessen mehr Zeit für Familie und Freunde zu haben, ist quer durch alle Berufsgruppen groß. Das Statussymbol im Büro der Letzte zu sein wird verdrängt von der Sehnsucht nach weniger Arbeit.

Während Lasse Rheingans für seine Agentur ein positives Resümee zieht und die Testphase um ein halbes Jahr verlängert hat, gibt es aber auch ähnliche Projekte die scheiterten. In einem Altenheim in Schweden hatte man versucht Pflegeassistenten bei voller Bezahlung täglich zwei Stunden weniger arbeiten zu lassen. Um die Stundenreduzierung aufzufangen mussten allerdings neue Pflegekräfte eingestellt werden. Das rechnete sich nicht. Das Projekt scheiterte was auch daran liegen mag, dass die Arbeit am Menschen nun einmal nicht so stringent effizient und effektiv gestaltet werden kann, wie die Tätigkeit in einer Digital-Agentur. Auch bei vielen Dienstleistungsberufen ist die Arbeitszeit schwieriger flexibel zu gestalten.

Unabhängig davon kann aber jeder etwas für seine Work-Life-Balance tun.